Samstag, 18. Dezember 2004

Plattenbörse Wiener Stadthalle, 18.12.2004

Eine in mehrfacher Hinsicht bemerkenswerte Plattenbörse, schließlich boten nicht nur tausende Platten ausreichend Gelegenheit zum Stöbern, erstmals gab es auch Special Events wie eine Autogrammstunde mit Drahdiwaberl-Oberlehrer Stefan Weber und einen Unplugged-Gig eines bemühten, aber talentlosen Jungsängers, der Songs von U2 bis Bryan Adams verschandelte. Selten wünschte man sich so das Original von „Summer Of 69“ zu hören … Gleichzeitig war es aber auch die Abschiedvorstellung in der Wiener Stadthalle, da der Veranstalter ab 2005 aus Kostengründen in die günstigere und gleichzeitig auch größere Halle des Vienna Austria Centers übersiedelt.

Maureen Evans - Like I Do/I Love How You Love Me (1988, Single)

Die 1940 geborene Waliserin Maureen Evans war eine der vielen britischen Interpreten, die hauptsächlich amerikanische Hits für den englischen Markt neu einspielten, die dort meist erfolgreicher als die Originalversionen waren. Nach einem guten Dutzend Singles konnte Evans mit „The Big Hurt“ (1960; UK #26; im Original von Miss Toni Fisher, 1960; UK # 30, US # 3) den ersten kleinen Hit verbuchen. Die Nachfolgesingles „Love Kisses And Heartaches” (1960, UK # 44) und “Paper Roses“ (1960; UK #40; Originalversion: Anita Bryant, 1960; UK # 24, US  # 5; eine weitere britische Coverversion von den Kaye Sisters schafte es bis auf Platz 7 der UK-Charts) konnten einigermaßen an diesen Erfolg anschließen.

Fünf gefloppte Singles später gelang ihr mit dem entwaffnend netten „Like I Do” (1962; UK # 3) ihr größter Hit. Auch hier war es wieder eine Coverversion, diesmal von keiner Geringeren als Nancy Sinatra, die mit diesem Titel 1962, also lange vor „These Boots Are Made For Walking“ (1966, A, D, UK & US # 1) zumindest in Japan und Italien einen Riesenhit landete, der im Rest der Welt allerdings ignoriert wurde. „Like I Do“ stammte aber nicht etwa aus der Feder eines Brill-Building-Singwriters wie Carole King oder Gary Goffin, sondern war eine Adaption eines Ausschnitts aus der Oper „La Gioconda“ von Amilcare Ponchielli. Dieses Motiv tauchte übrigens bereits einige Monate später mit der Parodie Hit „Hello Muddah, Hello Faddah (A Letter From the Camp)“ (1963; UK # 14, US # 2) erneut in den Charts auf.

Mit dem Erfolg von „Like I Do“ hoffte Maureen Evans auch am Kontinent Fuß zu fassen und veröffentlichte deshalb davon eine deutsche Version mit dem Titel „So wie ich“, von der allerdings außer Bernd Matheja, dem Autor der „Englischsprachige-Interpreten-versuchen-sich-an-der-deutschen-Sprache“-Bibel „1000 Nadelstiche“ kaum jemand Notiz nahm. Gleiches gilt auch für ihre zweite und gleichzeitig letzte deutschsprachige Single „Eine Rose ist mein Talisman“

Auch der Versuch, mit „Pick The Petals“ ihre kurzfristige Popularität für die Teilnahme am
Eurovisions-Songcontest zu nutzen scheiterte bereits an der britischen Vorausscheidung, wo sie nur den dritten Platz belegte, darüberhinaus schaffte es der Titel nicht einmal in die britischen Charts. Das galt auch für ihre weiteren Veröffentlichungen, mit Ausnahme von „I Love How You Love Me“ (1964; UK  # 34; Originalversion: Paris Sisters, 1961; US # 5), weshalb sie sich 1968 aus dem Musikgeschäft zurückzog und seither eine Theaterschule leitet

Like I Do (6/10)
I Love How You Love Me (5/10)

Four Tops - Something About You/Darling, I Hum Our Song (1965, Single)

“Something About You“(1965; US # 19) konnte nur bedingt an den Erfolg des Vorgängers „I Can’t Help Myself“ (1965; UK & US # 1) anschließen, was nicht weiter verwundert, denn der für Holland/Dozier/Holland-Verhältnisse enttäuschende Song riecht förmlich nach Fließband und ist deshalb zu Recht völlig in Vergessenheit geraten.

Auch die von den Four Tops bereits 1963 aufgenommene Ballade „Darling, I Hum Our Song“ auf der Rückseite stammt von Motowns legendärem Songwriter- & Produzententrio, klingt aber weitaus sympathischer und wurde übrigens ebenfalls 1963 von Eddie Holland höchstpersönlich aufgenommen, dessen Solokarriere mit „Jamie“ (1962; US # 30) ihren Höhepunkt fand.

Something About You (5/10)
Darling, I Hum Our Song (6/10)

Norman Petty Trio - Almost Paradise (1957,Single)

Anfang der 50er gründete Norman Petty gemeinsam mit seiner Frau Vi Patty und Jack Vaughn das Norman Petty Trio, das in der Besetzung Orgel/Klavier/Gitarre 1954 mit einer Coverversion des
Duke-Ellington-Standards "Mood Indigo" bis auf Platz 22 der US-Charts vorstieß. Danach folgte allerdings eine erfolgsmäßige Flaute, die Petty dazu nutzte, ein eigenes Studio aufzubauen und seine Fähigkeiten als
Produzent zu perfektionieren.

Erste Früchte dieser Bemühungen erntete er im Frühjahr 1957, als dem Norman Petty Trio mit dem von ihm geschriebenen  "Almost Paradise" (1957; US # 56) eine weitere Chartplazierung gelang. Dieser Titel wirkt im ersten Moment unoriginell, hat aber eine fast unheimliche Melodiosität und würde durchaus in einen Science Fiction-Film aus den 50ern oder eine Episode von "Raumschiff Enterprise" passen, in dem eine fast hypnotisierende Melodie die Akteure ins Verderben lockt.  Die Qualtität dieses Songs dürften sich rasch herumgesprochen haben, denn fast gleichzeitig tauchten Coverversionen von Lou Stein (1957; US # 31) und Roger Williams  (1957; US # 26) in den US-Charts auf, die sich einiges besser verkauften als die Originalversion.

Die Nachfolgesingle "The First Kiss" (1957; US # 81) war gleichzeitig die letzte Chartnotierung des Norman Petty Trios, was sich aber durch die Erfolge mit seinen anderen Produktionen verschmerzen ließ. Einen Monat nach dem Charteinstieg von "Almost Paradise" kletterte Jimmy Bowen & The Rhythm Orchids mit "I'm Stickin' With You, bis auf Platz 14 der US-Charts, das gleichzeitig veröffentlichte  "Party Doll" (1957; UK # 29, US # 2) von Buddy Knox schaffte es fast an die Chartspitze. Der größte Coup gelang Petty aber als Produzent und Manager von Rock'n'Roll-Legende Buddy Holly. Dieser hatte übrigens kurz davor seinen Plattenvertrag mit Decca Records verloren, da man dort sein Talent nicht zu würdigen wußte und Deccas damaliger A & R-Direktor Paul Cohen Holly gar als größtes Nichttalent, mit dem er je gearbeitet habe, bezeichnete. Diese Meinung dürfte Cohen spätestens nach "That'll Be The Day (1957; US  # 3) und "Peggy Sue" (1957; UK # 6, US # 3) revitiert haben ...

Die äußerst erfolgreiche Zusammenarbeit endete im Herbst 1958, als Holly sich von Petty trennte, um in New York einen neuen Karriereabschnitt zu starten. Nach dessen tragischen Tod bei einem Flugzeugabsturz am 3. Februar 1959 erwarb er die Rechte für etliche bislang unveröffentlichte Demoaufnahmen von Holly, zu denen er in weiterer Folge zeitgenössische Instrumentalbegleitung mischte. Diese Praxis ist bis heute bei vielen Fans äußerst umstritten, brachte Holly aber bis Ende der 60er vor allem in England zahlreiche Chartplatzierungen, darunter etwa"Brown-Eyed Handsome Man" (1963; D # 29, UK # 4).

Bei letzterem Titel sorgten wie auf den meisten dieser runderneuerten Aufnahmen die Fireballs für Hollys instrumentale Unterstützung und diese Formation war gleichzeitig über Jahre das beste Pferd in Norman Pettys Stall. Konnte die Band anfangs mit den Instrumentalhits "Torquay" (1959; US # 39), "Bulldog" (1960; US # 24) und "Quite A Party" (1961; UK # 29, US # 22) punkten rekrutierte man nach Ende der Instrumentalära den Sänger Jimmy Gilmer und war gemeinsam mit ihm mit Hitsingles wie Sugar Shack (1963; UK # 45, US # 1) oder "Bottle Of Wine" (1968; US  # 9) erfolgreich. Eine weitere von Petty produzierte Instrumentalformation waren die String-A-Longs, die mit "Wheels" (1961; A # 10, D # 8, UK # 8, US # 3) einen Welthit landen konnten, den ihnen im deutschen Sprachraum allerdings Billy Vaughn (1961; A & D # 1; US # 28) bzw. auch die Playboys (1961; D # 19) streitig machte

Auch wenn Petty danach ähnliche Erfolge nicht mehr verzeichnen konnte blieb er bis zu seinem Tod 1984 ein geschätzter Produzent.

(8/10)

Danny Street – Million Copy Sellers Made Famous By Tom Jones (1971, LP)

„It is not often that you can buy a record of great hits which were all in the Top Ten and all recorded and made famous by one singer in a short space of his career. We have captured on this record the greatest hits made famous by Tom Jones sung by a different, brilliant singer and orchestrally played in a style which may give you great diffuculty in a realising that these are not the original recordings by Tom Jones himself and his backing orchestras”

Soweit die Liner Notes zu dieser auf dem britischen Billiglabel Boulevard erschienenen LP, die tatsächlich den Nagel auf den Kopf treffen, denn die Interpretationen von Danny Street können erstaunlicherweise durchaus mit jenen von Tom Jones mithalten. Letztlich waren aber die Neueinspielungen von Hits wie „It’s Not Unusual“ bis hin zu „Love Me Tonight“ nicht der Hauptgrund für den Kauf dieser Platte, sondern vielmehr das hübsche, im für 1971 doch schon etwas anachronistischen Flower-Power-Style gehaltene Cover.

Platte (6/10)
Cover (7/10)

Sweet - Starke Zeiten (1988, LP)

Tracklist:

A:

Co-Co (1971; A # 1, D # 1, UK # 2, US # 99)
Little Willy (1972; A # 3, D # 1, UK # 4, US # 3)
Wig-Wam Bam (1972; A # 2, D # 1, UK # 4)
Poppa Joe (1972; A # 1, D # 3, UK # 11)
The Lies In Your Eyes (1976; A # 17, D # 5, UK # 35)
The Six Teens (1974; A # 9, D # 4, D # 9)
Turn It Down (1974; A # 14, D # 4, UK # 41)
Block Buster! (1973; A # 1, D # 1, UK # 1, US # 73)

B:

Ballroom Blitz (1973; A # 1, D # 1, UK # 2, US # 5)
Teenage Rampage (1974; A # 16, D # 1, UK # 2)
Action (1975; A # 3, D # 2, UK # 15, US # 20)
Hell Raiser (1973; A # 5, D # 1, UK # 2)
Alexander Graham Bell (1971; A # 12, D # 24, UK # 33)
Fever Of Love (A # 12, D # 9)
Funny Funny (1971; D # 5, UK # 13)
Fox On The Run (1975; A # 3, D # 1, UK # 2, US # 5)

Anhand der Tracklist zeigt sich hier, wie die Zeit manchmal die Spreu vom Weizen trennt. „Co-Co“, „Block Buster“ oder „Ballroom Blitz“ haben die über drei Jahrzehnte seit ihrer Veröffentlichung als unbestrittene Klassiker überstanden, eher mäßig unterhaltsame Tracks wie „The Lies In Your Eyes“, „Turn It Down“ oder „Fever Of Love“, die vor allem im deutschen Sprachraum relativ erfolgreich waren, sind hingegen heute völlig zu Recht vergessen. Einziger Wermutstropfen dieser Compilation ist die Nichtberücksichtigung von „Love Is Like Oxygene“ (1977; A # 23, D # 10, UK # 9, US # 8), was vermutlich daran liegen dürfte, dass man hier alle Sweet-Hits von 1971-1976 versammeln wollte und es nach 1977 einfach zuwenig Hitsingles gab, die für eine zweite LP gereicht hätten.

(8/10)

Various Artists – Happening In Music (1970, LP)

Mit der „Twen Serie“ veröffentlichte Philips maßgeschneiderte Unterhaltung für die Generation 20+, wobei aus heutiger Sicht die Musikauswahl für die angepeilte Zielgruppe eher fragwürdig war, denn das Spektrum reichte von Mitklatschpop a la James Last bis zu Klassik, Rockmusik dürfte offenbar lediglich Teenagern vorbehalten sein. Dennoch fanden die Platten der „Twen Serie“ einigen Absatz, wie das Doppelalbum „Happening In Music” beweist, mit dem 7 Jahre „Philips Twen-Serie“ und 500.000 verkaufte Schallplatten zelebriert wurden. Wenn auch die Musik auf diesen beiden LPs, die von dem James Last-Verschnitt Peter Convent über Klassik bis hin zu Chansons reicht, wahrlich keinen Grund zum Feiern liefert, tut das hingegen das geschmackvolle Klappcover, das nicht nur die Herzen von Pferdefreunden höher schlagen läßt

Platte (2/10)
Cover (9/10)

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