Samstag, 28. Januar 2023

FM4 = 8, Arena Wien, 25.01.2003 mit Miles, Puppetmastaz, Mia, Console und der Asian Dub Foundation

Kinder, wie die Zeit vergeht: Das FM4 Geburtstagsfest steht wieder mal auf dem Programm und mit den Beatsteaks hat man sich einen durchaus geburtstagspartytauglichen Hauptact geangelt, dazu noch Kettcar, die bereits 2012 die Party veredelten.

Allerdings kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass vor mittlerweile 15 Jahren (also eine ganze Generation an FM4-Hörern) nicht nur meiner Meinung nach alles besser und, wenn man so will, auch cooler war. Dazu gehörte einfach die Wiener Arena als Open-Air-Location, selbst bei Schneetreiben und Minusgraden oder einfach die auftretenden Bands internationaler, allen voran Jarvis Cocker, (ohne Pulp) Nada Surf, Fratellis, Zoot Woman, Mogwai oder Kaisers Orchestra, die ich bei der Gelegenheit auch interviewen durfte

Wie auch immer, ich wünsche allen, die am 20.Jänner in der Ottakringer Brauerei dabei sind viel Spaß!

Ich schwelge hingegen in Erinnerungen.. so let's go back in time...

Exklusiv für noize.cc:










(Rezension aus 2003)

Anläßlich seines 8. Geburtstages hat Österreichs im deutschen Sprachraum oft beneideter alternativer Paradesender FM4 seine Hörerschaft zur mittlerweile traditionellen Geburtstagsparty in die Wiener Arena eingeladen. Waren die Line-Ups der Jubiläumsfeiern der letzten beiden Jahre großteils nur auf deutschsprachige Bands beschränkt, konnte man diesmal mit der Asian Dub Foundation eine internationale Topformation begrüßen, für die dieser Auftritt eine willkommene Gelegenheit zur Promotion ihres neuen Albums  „Enemy Of The Enemy“ darstellte, was auch Console und die Puppetmastaz nutzen wollten. Gleichzeitig wurde als weiteres Geburtstagsgeschenk auch die „FM4 Sound Selection 8“ präsentiert, die auszugsweise zwischen den Umbaupausen eingespielt wurde.

Wie der Zufall es will waren auch 8 das Trademark „FM4-Musik“ repräsentierende Acts und ein Großaufgebot an DJs, aufgeteilt auf 2 Hallen und eine Open Air-Bühne, aufgeboten, die die zahlreich erschienene FM4-Fangemeinde vor die Qual der Wahl stellten. Aufgrund des naturgemäß beschränkten Platzangebots in den beiden Hallen als auch der für viele Besucher interessanteren Bands entschieden sich die meisten für das Open-Air und trotzen winterfest bekleidet bzw. andersweitig aufgewärmt der Kälte.

Der etwas undankbare Job als Anheizer dieses Abends, was sich angesichts der frühen Stunde (18:00) nicht wenig überraschend auf die anfangs eher spärliche Zuschauerkulisse niederschlug, wurde den Würzburger Indierockern Miles zuteil, die einmal mehr ein exzellentes Live-Set boten, bei dem das mittlerweile als FM4-Klassiker einzustufende „Pretty Day“ natürlich nicht fehlen durfte.

Den gediegenen Gitarrenklängen folgten die Hip-Hop-Beats der Puppetmastaz, die zumindest all jenen ein Begriff sein dürften, die letztes Jahr mit dem Kauf eines Albums aus dem Hause Virgin/Labels-Albums die beigepackte Promo-DVD erworben haben, auf der ein Interview mit den gar nicht possierlichen Puppen inkludiert ist. Ausgehend von diesem Appetizer und den hinter diesem Projekt involvierten Personen wie etwa Gonzalez war eigentlich ein durchaus origineller Gig zu erwarten. Leider vermochten die 4 rappenden Berliner Puppen bzw. den im Hintergrund agierenden Musikern bereits mit dem ersten Track den Appetit auf mehr zu verderben, denn es wurde enervierender, unterdurchschnittlicher Hip-Hop serviert, zwischendurch unterbrochen von einem unlustigen pseudoklassenkämpferischen Duell und einem überflüssigen Tanzwettbewerb, weshalb sich die Begeisterung bei den Hörern sehr in Grenzen hielt. Ein Titel von „Creature Funk”, dem Debutalbum der Puppetmastaz nennt sich „Hip Hop Police“ und es bleibt zu hoffen, dass diese im konkreten Fall aktiv wird …

Glücklicherweise machten danach Mia  mit ihren mitreißenden Neo-NDW/Elektropunk-Hymen wie „Kill For You, der aktuellen Single „Kreisel“,ihrer Neuinterpretation der DDR-Nationalhymne „Auferstanden aus Ruinen“ und natürlich ihrem aufsehenerregenden Debuthit „Alles neu“ diesen Tiefpunkt mehr als wett. Frontfrau Mieze gab einen weiteren Beleg ihrer atemberaubenden Bühnenpräsenz, ein deutliches Plädoyer gegen den Irakkrieg und hatte dazu noch unangefochten die Frisur des Abends.

Frisurentechnisch nicht ganz so hoch einzustufen war dagegen Notwister Thomas Kretschmann, was grundsätzlich und insbesondere für sein Seitenprojekt Console, für dass er sich mit der Sängerin Miriam verstärkt hat, die um das Wohl Publikum besorgt war („Ist der Typ da unten OK?“), natürlich völlig unerheblich ist. Schließlich lag das Hauptaugenmerk beim ausgezeichneten Material seines aktuellen Albums „Reset The Preset“, das phasenweise an Röyksopp erinnerte und dementsprechenden reißenden Absatz bei Fans des dazugehörigen Genres finden sollte. Wie nicht anders zu erwarten hatte Kretschmann natürlich den Titel mit im Gepäck, der Console dank FM4 einen Popularitätsschub bescherte, nämlich das inzwischen legendäre „14 Zero Zero“, das natürlich für Begeisterung sorgte.

Entgegen der Ankündigung von Stermann & Grissemann, die neben FM4-Urgestein Martin Blumenau durch das Programm führten, dass Andreas, der zuletzt ausgeschiedene Teilnehmer bei „Starmania“ (Österreichisches Pendant von „Deutschland sucht den Superstar“) bei der Asian Dub Foundation mitspielen sollte, fand dieser Personalzuwachs glücklicherweise nicht statt, denn die Herren aus England konnten auch ohne Hilfe aus dem Burgenland ihren Status als Headliner dieses Festivals rechtfertigen. Ihre Mischung aus Drum’n’Bass, indischer Folklore, Rock, Ragga & Hip-Hop, die derzeit auch in Form ihrer aktuellen Single „Fortress Europe“ die FM4-Charts anführt, beseitigte jedliches Gefühl der Kälte, weshalb auch ein Großteil der Fans derart völlig außer Rand und Band geriet, als wäre man auf einem Festival mitten im Sommer.

Wenn man einmal von einigen Schönheitsfehlern absieht wie den hoffnungslos überfüllten Hallen, die viele am Lauschen zu Dzihan & Kamien , Surrogat oder vor allem Patrice hinderten, Probleme mit den Eintrittskarten  oder überflüssigen Puppenspielereien absieht war es dennoch eine gelungene Geburtstagsfeier, die allerdings mit der legendären „FM4=5“-Party mit Moby als Topact nicht konkurrieren kann. Freuen wir uns aber dennoch jetzt schon darauf, wenn es kommendes Jahr heißen wird: „FM4 - Alle Neune“