Mittwoch, 2. November 2016

The (Vol)Beat Goes On – Im Gespräch mit Thomas Bredahl (exklusiv für musicchannel, 05.11.2010)

Novembertage sind für gewöhnlich eine eher triste Angelegenheit. Nicht so jedoch am 05.11.2010, denn da gab es neben Sonnenschein, Temperaturen um die 20 Grad und ein absolutes Highlight in Sachen Abendgestaltung, nämlich Volbeat im Wiener Gasometer. Ist ein derartiger goldener Herbsttag eigentlich noch zu toppen? Natürlich, etwa wenn man mit dem Volbeat-Gitarristen Thomas Bredahl über so konträre Themenkreise wie Hansi Hinterseer oder der Homeland Security plaudern kann.

Ihr spielt mittlerweile zum 4. Mal in Wien vor ausverkauften Haus, das neue Album läuft ausgezeichnet . Habt ihr eine derartige Resonanz erwartet?

Als wir unser Album fertig aufgenommen hatten waren wir uns sicher, dass es wieder eine tolle Scheibe geworden ist. Natürlich möchte man relativ bald wissen, ob die Fans das auch so sehen. Wie die Postings auf Facebook bzw. auf unserer Homepage, die laufende Tour und natürlich die Verkäufe zeigen scheint das tatsächlich der Fall zu sein. Natürlich gibt es ab und zu mal eine negative Kritik, aber das gehört nun mal dazu. In jedem Fall bieten wir nun auf dieser Tour etwas ganz Besonderes. Erstmals haben wir unseren eigenen Bühnenaufbau mit dabei, außerdem unsere eigene Licht- und Soundanlage. Dadurch müssen wir uns nicht mehr auf die technischen Gegebenheiten der jeweiligen Venues verlassen und unsere Bühnenshow ist um einiges kompakter. Außerdem wollten wir Bands, die wir mögen, mit auf Tour nehmen und haben uns mit Entombed und Kandidate zwei Bands als Support ausgesucht, die unsere Fans perfekt auf Volbeat einstimmen.

Warum habt ihr euch ausgerechnet für diese Bands entschieden?

Entombed sind eine legendäre Band., denn sie haben eine ganz neues Genre mitbegründet. Wir kennen uns schon seit einigen Jahren, da wir auf einigen Festivals gespielt haben und verstanden uns auf Anhieb. Wir wollten sogar mal was gemeinsam aufnehmen. Dann ging es plötzlich mit uns rasant aufwärts, während Entombed auf dem gleichen Level hängenblieben. Deshalb hielten wir es für legitim, den Fans eine Band zu präsentieren, die uns über Jahre hinweg inspiriert hat. Kandidate sind wiederum alte Freunde von uns.

Offenbar hat der Wechsel zu Universal wie vielfach befürchtet für euch keine gravierenden Änderungen mit sich gebracht, da ihr euch die Supportbands selbst aussuchen konntet.

Die Entscheidung, wer uns supportet, trifft nicht das label, sondern unser Management. Universal ist ein Plattenlabel, d.h. die sorgen für die Promotion, organisieren Interviews, produzieren Videos und versuchen damit bestmöglich unsere Platten zu verkaufen. Wir hingegen sind einfach eine Rockband, wir machen die Tour, schreiben die Songs, gestalten das Artwork des Albuns usw.. Das haben wir auf unseren bisherigen Alben so gemacht, warum also daran etwas ändern? Jeder sollte einfach genau das tun, was er am besten kann.

Es scheint, als würde Universal die Sache ganz gut machen, denn alle 4 eurer Alben waren bei der Veröffentlichung von „Beyond Heaven/Above Hell“ gleichzeitig in den österreichischen Albumcharts und das ist keineswegs alltäglich. Weil wir schon von Österreich reden, was fällt dir zu Österreich zu allererst ein?

Schifahren! Ich liebe schifahren und war schon einige Male auf Urlaub da. Es ist nun mal ein Problem, wenn man gerne auf Ski fährt und aus Dänemark stammt. Die höchste Erhebung bei uns ist vermutlich nicht einmal so hoch wie das Gebäude hier (Gasometer) (lacht). Wenn es schneit fällt der Schnee auf den Boden und ist verschwindet gleich wieder. Ist es mal kälter und der Schnee bleibt liegen bricht hingegen das Chaos aus. Wenn du also als Däne schifahren willst mußt du zwangsläufig nach Schweden, Norwegen, in die Schweiz oder eben nach Österreich ausweichen.

Interessant, daß ausgerechnet Schifahren dein Lieblingssport ist.. Wer glaubst du ist gegenwärtig der beliebteste Österreicher in Dänemark?

Keine Ahnung..etwa dieser Schlagersänger?

Genau! Hansi Hinterseer. Der war nämlich früher Schifahrer und ist seit Mitte der 90er Jahre beängstigend erfolgreich. Erstaunlicherweise haben ihn nun die Dänen entdeckt und er hatte heuer gleich 2 #1 Alben in Dänemark.

Tja es gibt eben viele Idioten.. (Lacht). Die Leute kaufen seine Platten schließlich nicht, weil man ihnen eine Pistole an den Kopf hält, diese Musik schein ihnen einfach zu gefallen. Ich möchte das natürlich nicht bewerten, jeder soll das hören was ihm gefällt. Für mich ist das jedenfalls unerträglich. Andererseits ist es interessant, wie erfolgreich deutschsprachige Musik außerhalb des deutschen Sprachraums ist. Das sieht man etwa bei Rammstein.

Naja, Rammstein machen Musik, aber Hansi...

Stimmt auch wieder. Kürzlich habe ich im Fernsehen eine Dokumentation gesehen, in der man dänische Schlagerfans auf einer Busreise nach Österreich begleitete. Ich fahre 12-15 Stunden, um Schifahren zu können, die alten Damen sitzen 12-15 Stunden im Bus, nur um Schlager zu sehen.. echt krass....

Wechseln wir lieber das Thema.. Du hattest bei eurer US-Tour einige Probleme mit dem Visum. Was war der Grund dafür?

Wenn man für ein USA-Visum ansucht muss man einen riesigen Fragenkatalog ausfüllen. Eine der Fragen ist „Haben Sie jemals das Gesetz gebrochen“ und das hatte ich tatsächlich. Allerdings ist das schon Jahre her und eigentlich eine Bagatelle. Ich war betrunken, habe in einer Bar einen Barhocker geklaut und bin beim rausgehen blöderweise mit einem Polizisten zusammengelaufen. Ich musste dafür 100 Euro Strafe zahlen und dachte, die Sache wäre längst verjährt. Es war also weder ein Gewaltakt, noch hatte es was mit Drogen zu tun oder was auch immer. Jedenfalls ist eine weitere Frage in diesem Visum-Antrag, ob man einen Terroranschlag in Amerika verüben will. Wenn du hier verneinst und die scheinbar allgegenwärtige Homeland Security doch irgendwie herausfindet, dass du vor Jahren mal etwas angestellt hast, bist sofort verdächtig. Nun habe ich denen die Sachlage geschildert und dachte, damit sollte alles geklärt sein. Leider wollten sie unbedingt die nötigen Papiere von der dänischen Polizei, was leider sehr lange dauerte. So lag mein Antrag für das Visum bis auf weiteres auf Eis und deshalb konnte ich in der ersten Woche der US-Tour nicht spielen.

Alles wäre einfacher, wenn die Homeland Security rechtzeitig bescheid geben würde, etwa wann das Visum abgeschickt wurde. Wir haben angerufen, unser Manager hat angerufen, aber das nutzte alles nichts. Für eine ganze Woche konnte ich nicht außer Haus, denn wäre mir das Visum nicht vom Briefträger persönlich übergeben worden, hätte ich es am nächsten Tag von der Post abholen müssen und damit einen weiteren Tag verloren. Also musste ich warten, bis es endlich an der Tür klingelte, ich endlich das Visum hatte und gleich den nächstbesten Flug nach Chicago buchen, was wiederum eine Stange Geld kostete, aber ich wollte unbedingt beim nächsten Konzert spielen

Und das alles für etwas, das ohnehin jeder schon mal getan hat (lacht). Natürlich war es ein Fehler, die Barhocker-Sache as beim Ausfüllen des Antrags zu verschweigen, aber es ist irgendwie beängstigend, dass die Homeland Security überall alles herausfinden kann. Für die gibt es scheinbar nur schwarz und weiß. Hast du einmal was angestellt, bist du für immer ein Verbrecher. Jedenfalls habe ich jetzt das Visum und das gilt mal für ein ganzes Jahr. Wenn wir also im Frühjahr wieder in den USA spielen sollte es keine Probleme geben. Wenn wir aber im Herbst wieder auf US-Tour sind beginnt das bürokratische Spiel wieder von vorn, denn dann muss ich wieder beweisen, dass ich unbescholten bin, es von mir keine neu Polizeiakte gibt etc. Jedenfalls will ich ja gar nicht in den USA bleiben, ich mache dort bloß meinen Job und dann nichts wie weg.

Dabei bringen wir jede Menge Geld ein. Amerikanisches Plattenlabel, Management, Bus, Equipent, Bühnentechnik, Veranstaltungsorte, Promoter, Kartenbüros, Musikverlag usw. , so 10-15 amerikanischen Firmen verdienen mit uns gutes Geld und wir kurbelns so die marode Wirtschaft an.
wäre es legitim, wenn man uns beim Visum entgegengekommen wäre schließlich
Da wäre es doch legitim, uns in Sachen Visum etc. entgegenzukommen. In jedem Fall werde ich in Hinkunft beim Ausfüllen des Visum-Antrags aufpassen!

In der Vergangenheit habt ihr immer wieder tolle Coverversionen abgeliefert, etwa „I Only Want To Be With You“ von Dusty Springfield auf eurem Debutalbum. Warum habt ihr ausgerechnet diesen Song gecovert?

Keine Ahnung, das war noch bevor ich in der Band war. Es ist aber einfach ein toller Song und aus einer Ära, die erheblichen Einfluss auf den Sound von Volbeat hat. Es wäre ja langweilig, würden wir Metallica covern, denn das ist stilistisch einfach zu ähnlich. Es macht einfach Spaß, einen alten Song auszugraben und ihm neues Leben einzuhauchen, wenn auch „I Only Want To Be With You“ schon oft gecovert wurde. Auf unserer akuellen Tour spielen wir sowohl diesen Song als auch „Angelfuck“ von den Misfits, der wohl nicht ganz so oft gecovert wurde. Jedenfalls können wir damit eine Bildungslücke schließen, denn viele kennen die Misfits lediglich von T-Shirts 

Darf man von euch in Zukunft weitere Coverversionen erwarten?

Momentan planen wir nichts konkretes, aber wir haben uns schon überlegt, ob wir nicht irgendeinen Song aus den 80ern covern sollen, schließlich sind die 80er jenes Jahrzehnt, über das keiner reden will. Lass dich einfach überraschen.

Hier der Vollständigkeit halber die Setlist dieses Abends, "Angelfuck" haben sie übrigens nicht gespielt: